Finding Positions wurde organisiert im Rahmen des Referatsamtes für Antidiskriminierung und Interkulturelles in der AStA der UdK Berlin, besetzt von Samara Hammud, Studierende im Studienfach Visuelle Kommunikation.
Dieses Seminar ist ein sicherer und offener Raum, in dem soziale Themen im Zusammenhang mit jeglicher Art von Diskriminierung, im Kontext der eigenen Person, reflektiert und diskutiert werden. Das Seminar zielt darauf ab, mehr Verständnis und Bewusstsein einander gegenüber, aber auch für die eigene Person im gegenwärtigen sozialen Kontext, zu schaffen. Wir reflektieren und diskutieren gemeinsam, belesen uns,beantworten Fragen und stellen noch einige mehr, wir lernen Positionen kennen und identifizieren uns mit ihnen oder eben nicht. Diese Website dient als Dokumentation aller Prozesse, Diskussionen und Endprodukte, die innerhalb des Seminares entstehen.
Vielen Dank an das Studium Generale Büro, Frau Prof. Katrin Peters, die Frauenbeauftragten* und das International Office der UdK, für inhaltliche als auch formale Unterstützung.
Struktur, Kodex und Test
Donnerstag, 25.04.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr 6 Teilnehmer*Innen
Diese erste Sitzung wurde, vor allem dafür genutzt die Idee und das Bedürfnis hinter der Organisation dieses Seminares zu erklären und den Rahmen für die anstehenden Diskussionen zu definieren.
Das was für die Teilnehmenden gilt, gilt ebenso für diejenigen, die sich auf dieser Website befinden. Ihr seid eingeladen einen Einblick in einen persönlichen und fast schon privaten Gedankenstrom zu bekommen, der zusammen gesetzt aus unterschiedlichen Positionen und individuellen Meinungen, der Teilnehmenden des Seminares entstanden ist. Die Konversationen jeder Sitzung werden protokolliert, anonymisiert und dann auf dieser Website, in all ihren Komplexitäten, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Diese Website funktioniert wie ein Liveticker, da circa eine Woche nach jeder Sitzung das Protokoll und die besprochenen Inhalte hochgeladen werden und man somit live die Entwicklung des Seminares mitlesen kann. Dies soll einen Blick auf einen kleinen Teil der Auseinandersetzung mit Diskriminierung an der UdK ermöglichen und den Gesprächsinhalten, die sonst immer nach solchen Seminaren im Sand versinken, eine permanente Präsenz geben, wie auch die besprochenen Themen eine permanente Präsenz in unserer Gesellschaft haben.
Finding Positions entstand aus dem Bedürfnis heraus, einen Raum innerhalb der Universität zu schaffen, der frei ist von Verurteilungen, angenommener Allwissenheit und Angst. Dieses Seminar ist ein safe space, wo es darum geht Themen im Kontext von Diskriminierung zusammen zu diskutieren, gemeinsam die richtigen Wörter zu finden und die eigene Stellung und Position dazu herauszuarbeiten. Es gibt keine Lehrperson, sodass Wissen nicht einfach weitergegeben, sondern gemeinsam in Diskussionen und Debatten erarbeitet werden kann. Um aber eine gemeinsame Diskussionsebene zu schaffen, sind die Inhalte der Sitzungen im Voraus skizziert und durch Literatur gestützt.
Struktur des Seminares
In diesem Seminar geht es nicht darum empfindlichesozialkritische Themen aus sicherer Ferne zu betrachten oder sie zu Abstrahieren, sondern die unmittelbare Nähe dieser Probleme zu erkennen und die Angst abzulegen unbeabsichtigt etwas Falsches zu sagen.
Nach der Einführung gab es eine Vorstellungsrunde aller Anwesenden. Die Leser*Innen dieser Website sind dazu anhalten sich selbst die gleichen Fragen zu stellen:
- Warum bist Du hier?- Welches der Themen interessiert dich am meisten?- Hast du Erwartungen, an was du hiervon mitnehmen kannst und wenn ja, welche?
Zum Abschluss der Sitzung haben wir eine gekürzte Version des Privilegientests, ursprünglich erarbeitet von Daniela Hrzán und Susanne Baer auf der Grundlage von Barbara Lesch McCaffry, American Multi-Cultural Studies, Hutchins School of Liberal Studies, and Women's and Gender Studies, Sonoma State University, CA, USA, online Verfügbar auf dem Portal für Intersektionalität, im Einzelnen ausgefüllt. Die Fragen wurden vorsichtig im Voraus selektiert, um Retraumatisierung durch zu tiefgreifende Fragen vorzubeugen. Hierbei sollte auf keinen Fall das individuelle Privileg in Zahlen gewogen werden und die Ergebnisse wurden auch nicht untereinander geteilt. Allerdings ging es verstärkt darum die eigenen Empfindungen und Gedanken beim Ausfüllen des Textes zu beobachten und zu erklären. Dies war quasi eine erste Übung sich der eigenen Position bewusster zu werden und diese nicht zu beurteilen, sondern als Startpunkt für die folgenden Sitzungen anzunehmen.
Wir haben uns bewusst entschieden, diesen Privilegientest nicht auf dieser Website zugänglich zu machen, da es empfohlen wird ihn nicht unbedacht und ohne sicheren Rahmen zu machen.
Die eigene Position
Donnerstag, 09.05.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr5 Teilnehmer*Innen: A, B, C, D, E
Literatur: The transformation of silence into language and action" von Audre Lorde, 1977
A: Sie sagt, dass wir wieder lernen sollten etwas wirklich zu sagen und aufzustehen und dafür zu kämpfen und das in unterschiedlichen Kategorien. Also sie spricht ja unterschiedliche Themen an. Sie sagt es ist total egal ob wir Frau sind oder Mann, schwarz oder weiß, jung, lesbisch, also egal welche Sexualität, es geht einfach darum, dass jeder seine Meinung haben darf und diese auch laut äußern soll und man keine Angst haben soll, aufzustehen und etwas zu sagen.
B: Also ich fands eben, habe ich gerade ja schon gesagt, etwas cheesy auf jeden Fall am Anfang, aber auch auf jeden Fall sehr schön und emotional.
C: Aber cheesy, also warum?
B: Naja, weil es sehr geschwollen geschrieben ist und teilweise. Also ich bin…
C: Wegen dem Thema Tod?
B: Ja, doch das verstehe ich voll. Ich finde es ist aber auch nicht universell übertragbar. Also über was ich schon öfter nachgedacht habe, ist visibility und ob das wirklich gut, also ob das das große Gut ist. Weil man ja immer sagt: das Coming Out ist der große Moment für den schwulen Mann oder die lesbische Frau oder was auch immer. Aber, ich finde, das ist nichts was ich 100% unterschreiben würde. Ich verstehe, was sie meint und ich find es schön und ich finde es auch emotional, aber ich glaube nicht jeder ist dazu in der Lage und nicht jeder will dazu in der Lage sein.
C: Du meinst darüber zu reden?
B: Ja, voll! Und ich würde das jetzt nicht so unterschreiben, dass es dein Leben immer einfacher macht oder immer besser macht oder dass es nicht schlechter macht oder dass es, naja ich würde es jetzt nicht einfach so unterschreiben.
C: Das ist halt der wichtige Punkt, dieses „nicht schlechter machen“.
B: Genau, aber das glaube ich halt nicht. Also weil halt wirklich auch Leute umgebracht werden, wegen den Sachen, die sie sagen, deren Meinung oder deren Sexualität. Und ich find das ist so ein bisschen romantisiert dieser Blick auf diese visibility, also für mich zumindest. Ich denke nicht, dass es in jeder Situation möglich ist oder immer die bessere Wahl ist zu sprechen. Nicht zwangsläufig.
A: Ja, voll! Ich sehe das auch, aber ich glaube es geht auch so ein bisschen wahrscheinlich darum, herauszufinden wie verändert sich denn auch etwas. Klar in manchen Situationen geht es einfach überhaupt nicht, dass du irgendwas sagst, aber ich glaube auch es geht so ein bisschen darum, wo fängt man an auch bei sich selbst aufzustehen und was zu sagen, oder was zu kritisieren oder was anzusprechen. Themen die halt eigentlich eine totale Wichtigkeit haben, aber weil man Angst davor hat sie auszusprechen, gehen sie unter. Ich glaube vielleicht geht es auch bisschen darum, einen Anfang zu finden auch für sich selbst oder für alle generell, dass man eben lernt wieder was zu sagen und vielleicht verändert sich dann auch was in der ganzen Welt! Ist jetzt vielleicht sehr übertrieben gesagt!
B: Vielleicht ist das auch an Leute gerichtet, die sehr privilegiert sind und da was sagen können. Weniger als dass es zwangläufig an Leute gerichtet ist, die keine Stimme haben. Vor allem sie sagt, dass schwarze Frauen zum Beispiel unsichtbar gemacht werden von der Gesellschaft und dass man dagegen aufstehen muss und so weiter. Ich find das alles voll gut, aber das Einzige was ich denke ist, dass es nicht in jeder Situation und nicht für jeden Menschen das Ideal sein sollte, weil es auch ein Druck sein kann, dass man visible sein muss. Weißt Du was ich meine?
C: Naja, sie sagt ja genau, dass man eigentlich Angst hat vor dieser visibility. Also man hat Angst davor gesehen zu werden, obwohl wenn man nicht gesehen wird als Mensch, dann existiert man quasi nicht.
D: Aber ist das vielleicht nicht zu vereinfacht? Weil zu behaupten, dass du, nur weil du dich nicht traust etwas zu sagen, nicht existierst oder nur weil du dich nicht aussprichst, das ist ein bisschen idealisiert. Die Gefahren, die mit dem kommen, ehrlich und offen zu sein, die führen dazu das du vielleicht wirklich nicht mehr existierst.
A: Also ich glaube es geht hier so ein bisschen eher darum auch für Dich selbst und ohne laut zu werden einzustehen. Wenn wir halt wirklich nicht aufstehen und sprechen, nur weil wir Angst haben, dann können wir nicht so sein, wie wir eigentlich wirklich sind und deswegen können wir auch nicht so leben wie wir eigentlich wirklich sind. Ich glaube es ist eher das, wahrscheinlich?!
D: Aber für mich ist, das was sie gesagt hat, im Sinne von dieser Angst davor etwas zu sagen und schlussendlich es trotzdem zu sagen, habe ich ganz oft so verstanden, dass es sich auf einen selbst richtet. Das man sich Sachen selbst eingesteht, wenn man Sachen ausspricht. Dann hört man sich selbst erstmal richtig zu und denkt so: „Ah! Ich habe das jetzt vielleicht wirklich so gedacht“. Das ist nochmal ein ganz anderer Prozess als Gedankengänge zu haben, die schwammig sind.
C: Man muss halt auch eigentlich die Zeit in Betracht ziehen, in der der Text vorgetragen wurde. Also 1977 hat sie das vorgetragen auf einem Literaturpanel. Das heißt zu der Zeit sind die meisten auf jeden Fall weiß gewesen, würde ich sagen, die da anwesend waren und hinter dem Gesichtspunkt, wenn man sich halt überlegt wer die Zielgruppe war dafür, dann waren das wahrscheinlich privilegierte weiße Menschen. Was sie natürlich in eine heroische Position stellt, weil sie sich ja in dem Kontext traut, sich ganz klar zu positionieren und auch so diese ganzen Aspekte, also diese Aufzählungen, die sie über sich selbst macht, laut auszusprechen. Und ich fand das halt interessant, dass sie sich selbst so in Kategorien vorstellt. Also sie sagt wer sie ist. Und wir können jetzt sagen, dass hängt damit zusammen, dass das zu der Zeit war, aber was hat sich denn dann bis heute verändert?
D: Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass sich da viel verändert hat, weil das habe ich jetzt im Auslandssemester gelernt, in Israel. Da hat man auch Alle in Kategorien gedacht und das war dann einfach so und ich habe dann auch bewusst überlegt, ja ich denke auch in Kategorien. Was bin ich hier eigentlich? Ich bin eine weiße Frau mit europäischem Pass und er ist ein Araber und der Fakt, dass man das sagt oder dass ich das sage, „er ist ein Araber“ nervt mich selbst, wenn ich das sagen muss. Aber es ist halt trotzdem entscheidend für den Ort wo wir gerade leben und für die politische Lage, und für die Rechte, die er hat oder eben nicht hat, für die Rechte, die ich habe und eigentlich nur habe.
A: Aber ich glaube man muss sich halt mit selbst einbeziehen und man muss vielleicht irgendwo auch, sich einordnen. Ich glaube man muss sozusagen ein Blick dafür haben, dass man eben weiß und privilegiert ist. Ich glaube das ist auch wichtig, dass man das im Blick hat.
E: Also dieses Denken in Kategorien haben wir alle aber, ich denke, dass es nicht einfach ist einen Lebenslauf in ein paar Wörtern zusammen zu fassen. Wichtig sind auch die Beschreibungen über wer du bist und wie du denkst. Also es ist nicht so, dass nur weil du weiß bist denkst du auch genau das Eine, aber oft gehen wir zu schnell mit diesen Kategorien mit und denken auch, dass die Leute direkt so sind. Das gleiche passiert auch mit Leuten in Subkategorien, die in den Medien kategorisiert werden. Zum Beispiel als lesbisch oder so, dass man direkt Witze vermeidet, obwohl man nicht weiß ob die Person die Witze vielleicht selbst feiern würde. Man weiß es nicht aber passt direkt auf wegen diesen Kategorien, in denen wir denken.
A: Ja das ist voll wichtig. Also man hat diese Kategorien, aber das heißt nicht, dass man in ihnen gefangen ist, oder auch so denkt wie die Kategorie begriffen wird.
C: Was ich auch noch interessant fand im Text, war der Satz: „ What are the words that you do not have yet?” (seite 3). Also ich finde, dass vor allem interessant hinsichtlich des Feminismus, was ja dann in einer anderen Sitzung Thema sein wird. Aber es ist halt auch interessant für diese ganze Gender Debatte und die Transformation von Sprache, zum Beispiel das Pronomen they/them im Englischen und dass es aber kein richtiges Pendant dafür im Deutschen gibt und die Frage wie man das lösen kann. Habt ihr das Gefühl oft, dass euch Wörter fehlen? Also wirklich die Wörter fehlen, nicht das Gefühl fehlt, sondern die Wörter?
E: Ja und auch so das Wissen über solche Themen. Nur um ein bisschen zurückzugehen: die zweite Hälfte des Textes habe ich leider nur ein bisschen diagonal gelesen, aber die erste Hälfte fand ich sehr interessant, denn er könnte alle Leute ansprechen. Man merkt auch das Leute, die etwas rassistisch sind, einfach auch naiv sind und ein paar Fragen nicht stellen und deswegen auch so denken, weil es Fragen gibt, die sie nicht gestellt haben und ihnen die Wörter fehlen. Und das merkt man oft in einem Gespräch, dass es an solchen Sachen auch fehlt. Ja es ist auf jeden Fall ein Problem von Kommunikation und von Wörtern.
D: Das passiert mir auch ganz oft, dass ich vielleicht Wörter finde und glaube, die richtigen Wörter für das was ich denke gefunden zu haben und dann an der Reaktion der Person, mit der ich diskutiere, merke: krass der hat mich total missverstanden und das sind sogar Menschen die mich gut kennen. Also mit meinem Vater oder so, da denke ich so wow wir haben gerade krass aneinander vorbeigeredet und wir kennen uns eigentlich und da merkt man schnell, dass man da dann nochmal die richtigen Wörter und die richtige Reihenfolge wählen muss.
B: Also ich glaube es gibt viele Grenzen, wie man über Sachen reden soll oder darf. Wenn es jetzt in so Kontexten von politischen Debatten ist, zum Beispiel Israel betreffend, da kann sich ja auch immer ziemlich leicht ein Streit entzünden, wenn man da eben eine gewisse Art von Meinung hat. Das kann in viele Richtungen gehen glaube ich, das kommt immer ein bisschen darauf an mit wem man redet. Aber schon generell beim Thema Israel hatte ich auf jeden Fall schon öfters die Situation, dass sich da ein Streit entfacht hat, wenn man beispielsweise sagt, dass Waffenlieferung nach Israel nicht okay sind oder dass die israelische Armee auch schlechte Sachen gemacht hat. Ich bin schon oft auf die Gegenreaktion gestoßen, dass mir gesagt wurde, ich dürfte sowas nicht sagen
C: Voll ja! Aber weil es stark in der Geschichte vorgemerkt ist.
D: Aber ich habe auch das Gefühl, das ist etwas was wir an deutschen Schulen ein wenig eingetrichtert kriegen. Juden, Holocaust etc. das sind schlimme Wörter und ich als Deutsche(r) kann das nicht unreflektiert benutzen.
A: Im Hinblick auf die Beschreibung „als deutsche“ kann man sehen wie Wörter zusammenhängen mit der individuellen Position, ob man sich jetzt selbst damit identifiziert oder jemand anderes einen damit identifiziert.
[…]
C: Wer entscheidet wann es akzeptabel ist und wann es nicht akzeptabel ist etwas zu sagen ?
B: Das ist ja auch eine Debatte im Hiphop zum Beispiel, dass viele Rapper sagen man soll das N-Wort nicht benutzen, weil es nicht den Effekt hat, den man sich wünscht, also dass man sich das Wort selbst aneignet und sich des Wortes wieder ermächtigt und sich über die originale Bedeutung hinwegsetzt.
A: Ich denke es spielt eine Rolle, ob man Betroffener ist oder nicht. Aber auch wenn es einen betrifft, dann kann man trotzdem nicht alles sagen. Und ich glaube das ist das auf was Du hinauswolltest. Wann sagt man was oder bis zu welchen Punkt hat man die Erlaubnis etwas zu sagen, vor allem wenn man einer marginalisierten Gruppe angehört oder einem Land, etc.
E: Es ist auch sehr abhängig von der Person, mit der man spricht. Ich denke alle Witze, zum Beispiel sind erlaubt aber nicht mit allen Menschen.
D: Für mich gibt es Themen da gibt es einfach Grenzen. Das kann nicht lustig sein! Zum Beispiel ist Vergewaltigung egal in welchem Kontext und egal mit wem du redest, kein Thema über was man Witze macht.
E: Ich finde es ist abhängig von dem Witz, den man macht. Es gibt so Witze, in denen macht man sich lächerlich über bestimmte Themen. Das geht nicht. Aber einen lustigen Vergleich zu machen oder etwas total zu übertreiben, das kann lustig sein. Aber das ist nur meine Meinung und was ich lustig finde.
B: Ich finde es gibt auch schlauen Humor und es gibt super dummen Humor, der einfach geschmacklos und schlecht ist in meinen Augen. Witze, die einen politischen Kontext haben, die aber nicht wirklich das Thema in Frage stellen sondern nur ein Klischee wiedergeben, bei dem Leute lachen nur weil sie es verstehen, sind einfach hirnlos und sinnlos.
D: Ja, weil da generiert man eigentlich fast nur Hass.
B: Erstens Hass und man hat einfach nichts davon.
A: Ja es ist einfach nur eine Provokation!
B: Also es ist dann auch ein darüber sprechen. Aber wie spricht man darüber und Humor ist so ein Zugang, den viele Leute für sich finden. Meine Erfahrung ist aber oft gewesen, dass der Humor einfach wirklich sehr schlecht war. Und genau der wird benutzt, um über ernste Themen zu reden, wie auch bei Kevin Hart oder Anderen. Es gibt auch so Komödien, die sich mit solchen Themen beschäftigen und dabei auch voll geschmacklos sind und am Thema vorbeigreifen und sich im Endeffekt nur wirklich nur darüber lustig machen.
A: Ich glaube einfach, dass jeder einen anderen Umgang mit Humor hat und jeder hat einen anderen Humor und es ist einfach super schwierig bei solchen Themen, die eine Ernsthaftigkeit eigentlich vorwegnehmen, mit Humor zu versuchen dem Thema näher zu kommen. Also wie bringt mich das näher an dieses Thema ran? Klar will man es vielleicht auflockern und dann vielleicht anders darüber reden, aber die Frage ist halt ob das wirklich funktioniert und ob Humor für bestimmte Themen der richtige Weg sein könnte, vor Allem wenn Humor so unterschiedlich ist.
C: Es hängt auch wieder damit zusammen, wie wir vorhin schon gesagt haben, wer Du bist. Ich würde gerne bisschen zurückkommen auf was das Thema eigentlich heute ist. Positionierung. Die Frage ist, wenn wir sagen wir sind Menschen, die versuchen nicht über Vorurteile zu denken, heißt das dann, dass man sich bevor man etwas sagt positionieren muss. Also wie Audre Lorde es getan hat. In dem ihrem Essay sagt sie erst wer sie ist, indem sie sich in Kategorien einordnet. Sollte man dem Gegenüber klarstellen wer man ist, bevor man redet?
D: Nein, ich glaube das erkennt man auch ganz oft. Das erkennt man oft an dem Kleidungsstil, dem Gesicht usw. Bevor man den Mund aufmacht, hat einen der Gegenüber sowieso schon einsortiert.
C: Aber das beschreibt ja „positioniert werden“. Das ist ja genau der Konflikt.
E: Das ist die Position, in die dich Andere stecken und nicht, die die du für dich selbst wählst.
A: Wenn du dich gleich von Anfang an selbst positionierst, dann positioniert dich der andere trotzdem anders ein. Ich weiß es nicht.
C: Die Frage, ist genau das, was auch an dem Text interessant ist, dass sobald man selbst sagt wer man ist, nimmt man dem anderen sehr viele Optionen.
D: Es wäre ein sehr spannendes Experiment, sich selbst in Stichwörtern zu positionieren und dann das mit der Meinung von Anderen abzugleichen.
C: Findet ihr es ist wichtig das zu wissen über sich selbst? Nicht in dem Sinn, dass man gleich rausgehen muss mit seiner Position und dafür einstehen muss, sondern ich meine nur sich selbst über die eigene Position klar werden?
A: Aber was meinst du genau mit positionieren? Weil was sie macht ist ja sie sagt Ihre Herkunft. Aber nur wenn ich sagen woher ich komme, das sagt ja nicht aus wie ich denke oder wie ich dazu stehe.
C: Aber das kann ja auch eine Position sein. Das man sagt ich bin zum Beispiel in Deutschland geboren aber identifiziere mich nicht mit der Kultur. Das ist eine Position, oder? Also in wie fern muss man seine eigene Position reflektieren können, um andere verstehen zu können?
B: Ich meine eine Position ist ja nicht nur eine Kategorie, sondern das kann ja voll viel sein. Das fängt vielleicht damit an, dass man sich in Kategorien einordnet, wie weiß, Mittelklasse, mit Akademikereltern, aber dann kann es ja in viele Richtungen gehen. Wie stehe ich zu Leuten in meinem Umfeld? Wie waren meine bisherigen Erfahrungen mit Leuten aus anderen Kulturen? Wie habe ich mich da verhalten und gefühlt? Wo war ich schon überall? Was habe ich alles gelesen? Über was habe ich mich informiert, welche Infos sind mir wichtig? Was wähle ich? Es gibt hunderttausend Sachen, die man da mitreinnehmen kann.
C: Wie definiert man überhaupt Position? Also lasst uns das einfach mal sammeln, was fällt euch ein, wenn man, Position sagt? Ist es immer politisch, ist es was anderes? Was kann eine Position sein?
E: Ja, also ich bin nicht komplett einverstanden mit der Positionierung an sich. Weil ich finde, wenn man sich positioniert bedeutet das sowas wie: das ist meine Meinung und das ist, was ich nicht ändern will. Ich finde es sehr wichtig, dass alle offenbleiben, speziell im politischen Diskurs und ich finde es toll für zwei stunden zu reden und am Ende habe ich eine komplett andere Meinung als am Anfang.
C: Also Position definierst du als politische Meinung?
E: Ja in meinem Kopf bedeutet das Wort, eine Einstellung von einem Menschen, der diese auch nicht ändern will.
A: Dann gibt es noch was Positionen anbelangt, Herkunft und Sexualität.
C: Das sind die Aspekte einer Position, die man sich nicht aussuchen kann. Ich finde es vor allem interessant, dass es Sachen gibt, die sich bilden und Sachen, die sind einfach gegeben. Und dann stellt sich die Frage: ist das dann automatisch die eigene Position? Also kann man beispielsweise seine Herkunft im Bezug auf die eigene Position ignorieren?
D: Ich finde nicht, dass Du Nationalität ignorieren kannst, allein wegen der Sache, dass du einen Pass hast und was das bedeutet, ob das jetzt ein deutscher Pass ist oder ein anderer Pass. Allein ob es ein Schweizer oder ein deutscher pass ist, das ist schon ein grundsätzlicher Unterschied.
B: Damit kommen halt auch Privilegien wieder mit sich. Wenn man einen deutschen Pass hat, kann man in viele Länder einreisen, wo andere Menschen überhaupt nicht einreisen können.
C: Deswegen die Frage, darf das aus der eigenen Position ausgeschlossen werden.
A: Also was zum Beispiel deutsch-sein bedeutet, da hat jeder seine eigene Ansicht und ich glaube nicht, dass man das außer Acht lassen kann, wo die eigentliche Herkunft liegt, weil man davon wie man aufgewachsen ist geprägt ist. Wie wir alle aufgewachsen sind, das geht mit in einen hinein und das kann ich nicht ausgeschlossen werden. Aber ich glaube, was dann so eine Positionierung anbelangt oder meine eigene Position, die kann sich natürlich noch entwickeln, aber das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht irgendwo spezifisch herkomme. Das meinte ich am Anfang, dass das unterschiedliche Dinge sind, in Bezug zu einer Position. Einmal die Herkunft und dass man das nicht außer Acht lassen kann und dann aber wie ich mich dazu verhalte oder wie ich zu Dingen stehe. Das kann sich verändern und das wird sich auch immer wieder verändern.
C: Ich glaube es muss auch noch klar sein, dass wir immer noch über die eigene Positionierung von einem selbst reden. Also wenn man jetzt sagt die Herkunft darf man nicht außer Acht lassen, das heißt nicht, dass man jetzt jeden den man trifft gemäß seiner/ihrer Herkunft einordnen muss. Sondern es geht gerade ja nur um die Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der wirklich eigenen Position. Deswegen habe ich gefragt nach den Definitionen, weil das was als erstes genannt wurde sind tatsächlich die Aspekte einer Position, die fluide sind, sowie eine politische Meinung, die sich bilden und verändern kann. Aber gibt es auch Sachen, die nicht fluide sind, die man aber zu einer Position zählen müsste oder sollte?
A: Du meinst jetzt wie die Hautfarbe?
C: Ist das eine Position?
B: Es ist schon momentan eine Position, es sollte vielleicht keine sein , also es wäre schön, wenn es keine wäre aber es ist eine Position und sobald man sagt es ist nicht wichtig, erkennt man auch im gewissen Rahmen anderen Leuten ab, dass sie gewisse Sachen nicht haben oder machen können, die man selbst kann. Es ist wichtig anzuerkennen, dass es Unterschiede gibt und man sie erstmal selbst nicht beeinflussen kann.
D: Das Gleiche ist ja auch mit Gender.
E: Ja, das wollte ich auch anbringen.
C: Dieses Beispiel schließt die Thematik wieder mit ein. Wie wichtig ist es die eigene Position anzusprechen?
B: Ja bei dem Thema Gender sieht man, wie bei einer erzwungen Positionierung sich dann etwas so Toxisches ergibt, wegen dessen du dich abgrenzen musst von Anderen. Zum Beispiel, dass man als Mädchen bestimmte Sachen nicht darf und als Junge darf man bestimmte andere Sachen nicht. Das ist dann so eine gewollte Abgrenzung, die einem schon beigebracht wird.
A: Was sich unterbewusst auch verhärtet.
C: Das ist ein super interessanter Punkt! Also kann man das verändern oder kann man das nicht verändern oder beeinflussen? Wenn man sagt Geschlecht ist eine Position und du wird mit einem biologischen Geschlecht geboren, das heißt man wird mit bestimmten Merkmalen geboren und welche davon sind veränderbar und formbar und welche nicht?
D: Das ist eine Position. Dein biologisches Geschlecht ist auf jeden Fall teil deiner Position.
C: Ja gut, aber Herkunft zum Beispiel ist nicht veränderbar. Du hast eine Herkunft, du hast es dir nicht ausgesucht, du wurdest reingeboren. Dann gibt es eine politische Meinung, die sich erst herausbildet und umformen kann. Aber was genau bildet eine politische Meinung aus?
B: Erfahrungen, Peer Groups, Erziehung, sozialer Status, Traumata…
C: Aber das bedeutet, weil sie sich erst bildet, lässt sie sich noch formen. Aber was sind dann andere Aspekte einer Position, die nicht formbar sind?
E: Was meinst du mit verändern? Das man die für sich selbst ändern kann? Oder was können wir in der Gesellschaft tun, dass es sich verändert?
C: Nein, ich meine im Bezug auf die eigene Positionierung, an was kann ich arbeiten und was ist einfach so?
B: Das ist so eine Frage von sozialem Determinismus, aber eigentlich kann man, also es ist ja bewiesen, dass man seinen sozialen Status, in den man reingeboren wurde, nur schwierig ändern kann. Also man kann ihn ändern und man darf das den Leuten nicht aberkennen, dass sie das ändern können, aber es ist schwierig und es hängt mit Geld zusammen.
C: Das heißt wie du sozialisiert wirst kannst du nicht verändern?
D: Ich denke da auch an Sekten und sowas. Es gibt ja einige Dokus über Menschen, die in einer Sekte geboren und aufgezogen wurden und die Sekte dann als Erwachsene verlassen und es damit auch schaffen ihre Position selbst zu verändern, aber es bleibt ja immer teil von einem wie man aufwächst.
B: Religion ist auch noch so eine Sache, die wichtig ist für eine Positionierung. Ob diese selbst gefunden ist oder aufgezwungen oder auf erzogen, das kann ja vieles sein, aber ich glaube schon, dass das eine große Rolle spielt. Wenn man bedenkt, dass viele Probleme mit Religion zu tun haben, also eher auf oberflächliche Art und Weise, weil diesen Kriegen unterliegen ja auch andere Sachen wie Geld, Macht, etc.
C: Ja Religion ist ja eigentlich immer der Vorwand!
D: Oder sicherlich auch Katalysator!
C: Wir haben uns jetzt lange über die eigene Positionierung unterhalten, aber ist die Position, die man von Anderen bekommt, die Ausschlaggebende für das eigene Leben? Der Text ruft einen ja dazu auf, sich selbst so schnell man kann selbst einzuordnen, damit der jeweilige Gegenüber gar keine Wahl hat, einen in Schubladen zu stecken. Deswegen war es wichtig darüber zu reden, in wie fern man seine eigene Position mitbestimmen kann und wie man in anderen Fällen, wie der Hautfarbe oder der Herkunft immer etwas für andere repräsentiert.
A: Was die Herkunft anbelangt sind wir davon geprägt was die Medien mit uns machen und wie Dinge berichtet werden. Das nochmal zu hinterfragen ist wichtig, weil das erste was in der Zeitung steh ist die Herkunft eines Menschen. Was passiert ist, wird immer gleich darauf bezogen, wo die Menschen herkommen. Wir sind völlig vorgeprägt. Was die Positionierung anbelangt ist es eben wichtig zu reflektieren wo man sich informiert.
B: Ich glaube es fällt vielen so schwer sich selbst ehrlich zu positionieren, weil es unangenehm ist zu merken, dass du nicht selbst alles erreicht hast sondern dass du auch aus Generationen von Wohlstand kommst, der dir Zugänge öffnet, die andere nicht haben. Ich glaube es ist für viele Menschen schwierig das anzuerkennen, weil man immer das Gefühl haben möchte, dass man selfmade ist und dass man sich Sachen im Leben selbst verdient hat.
Schuld und Privileg
Donnerstag, 23.05.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr
5 Teilnehmer*Innen: A, B, C, D, E
Literatur: "The uses of anger" von Audre Lorde, 1987
"White Privilege - Unpacking the invisible knapsack" von Peggy McIntosh, 1988
A: Lasst uns vielleicht einfach direkt reingehen in die Thematik. Heute ist das Thema Schuld und Lähmung bzw. Schuld und Privileg und die Texte sind deswegen gewählt worden, weil der eine Text geht eher auf Schuld ein und der andere eher auf Privileg. Uns ist es überlassen zusammen zu erarbeiten, wie das auch zusammenhängt. Aber erstmal als einleitende Frage, wollte ich fragen wann ihr euch das letzte Mal schuldig gefühlt habt? Es geht darum sich vor Augen zu führen wie sich Schuld anfühlt und was sie mit einem gemacht hat.
B: Schuldig sein ist ja sehr ähnlich dazu ein schlechtes Gefühl zu haben, weil man jemand was unrechtes getan hat, ob es jetzt nicht ans Telefon gehen ist oder nicht reagieren oder so.
C: Ich habe mich heute erst auf Arbeit schlecht gefühlt.
D: Mir fällt dazu irgendwie nur ganz schwer was ein. Also bestimmt gab es eine Situation, in der ich mich schlecht gefühlt habe. Aber ich versuche dann auch gleich zu reflektieren, warum ich mich schlecht fühle oder in welchem Kontext das ist und dann relativiert sich das auch. Ich will ja mit dem schlechten Gefühl nicht weiterleben, sondern versuche das zu klären oder irgendwas zu machen.
A: Das ist nämlich auch schon die nächste Frage. Vor allem im Bezug auf den Text The uses of anger von Audre Lorde, in dem die Autorin versucht die Konsequenz aus der Schuld herauszufiltern. Also hat Schuld irgendeine Konsequenz? Was passiert nachdem man sich schuldig fühlt? Du hast ja gerade gesagt, dass du versucht das zu bereinigen.
D: Also das Größtmögliche zu machen was ich machen kann.
A: Aber ist es denn immer so? Also zu was führt Schuld?
B: Also es gibt auf jeden Fall, eine Art von Schuld, die einfach ein Gefühl ist. Also ich fühle mich manchmal schuldig, wenn ein Obdachloser an mir vorbeigeht und ich ihm nichts gebe. Das sind dann aber so Sachen, wo ich in erster Linie nichts machen kann. Aber dann versuche ich eben, wenn ich die Zeit und die Energie habe mit ihnen zu sprechen und ihnen Geld zu geben. Ansonsten muss man das Gefühl einfach akzeptieren und erkennen, dass es ein größerer Umstand ist, den man vielleicht nicht ändern kann.
A: Und wenn man das auf das bezieht, um was es auch in diesem Text geht, also Rassismus, wie schätzt ihr das dann ein? Also es gibt ja öfter Situationen, würde ich behaupten, die dazu führen, dass man Schuld empfindet. Wenn es um Diskriminierung geht, gegen wen auch immer das gerichtet ist, schätzt ihr da Schuld als produktives Gefühl ein?
C: Ne.
B: Nein. Also ich persönlich hatte die Erfahrung gemacht, dass ich in meiner Kindheit gar keine Berührungspunkte mit Rassismus hatte. Es gab in meinem Heimatdorf nicht viele mit Migrationshintergrund und die es gab, fielen unter uns Kindern nicht auf. Also ich habe auch mit Freunden von mir geredet, die mit mir aufgewachsen sind. Es ist wirklich so, dass Rassismus gar nicht existiert hat als Thema, also in dem sozialen Feld, in dem wir waren.
A: Also jetzt aber wo du quasi eher eine Erfahrung gemacht hast, wie ist deine Einstellung dazu?
B: Also ich fühle mich nicht schuldig.
A: Aber kennst du Leute, die dir zum Beispiel erzählt haben, dass sie sich schuldig fühlen oder so?
C: Manchmal muss man gar nichts tun und allein weil man wahrgenommen wird als wie man ist, wird von einem erwartet sich schuldig zu fühlen oder man selbst fühlt sich schuldig.
B: Genau. Das ich anderen Leuten ein schlechtes Gefühl gebe, gerade weil ich mich ja auch viel mit dem Thema beschäftige, ist es mir eigentlich sehr wichtig, dass ich entweder mit Leuten darüber reden kann oder dass ich mich dann wirklich von ihnen distanziere, damit sie dann von mir nicht gestört sind. Schuldig ist ein hartes Wort, aber manchmal fühlt man sich schon ein wenig schuldig.
A: Aber um auf die Frage zurückzugehen. Wie ist es denn für euch, ist es produktiv? Also man fühlt sich ja schuldig aus einem bestimmten Grund heraus, entweder jemand lässt einen verstehen, dass man sich schuldig fühlen sollte oder man hat tatsächlich etwas falsch gemacht. Also es gibt ja verschiedene Gründe, warum sich jemand schuldig fühlt.
E: Also naja, es ist nur ein Gefühl. Also ich meine zu was es hinführt ist unterschiedlich. Zum Beispiel gibt es Leute, die mit Schuld sehr gut umgehen können und es gibt Leute, wie ich, die können das nicht gut verarbeiten. Ich will dann einfach nur in meinem Raum bleiben und mich schlecht fühlen. Deswegen würde ich das ein bisschen in Zwei teilen und sagen, dass es sehr persönlich ist zu was, Schuld führt. Es hängt ab von Erfahrungen und dem eigenen Leben. Also das einzige was ich sagen kann, ist dass es ein Prozess ist. Also sich erstmal schuldig zu fühlen und dann es zu akzeptieren und dann vielleicht zu handeln und zu schauen was man verbessern kann oder lernen. Aber das alleinige Gefühl schuldig zu sein bedeutet erstmal zumachen. Ich glaube, dass auch viele Leute die man als Rassisten beschreiben könnte, bei denen ist dann ganz viel Schuld dahinter. Weil sie einfach zu gemacht haben, diese Schuld nicht akzeptieren können und deswegen keine anderen Lösungen annehmen wollen. Also Schuld ist erstmal nur ein Gefühl.
B: Ich glaube halt, wenn man das anerkennt ist das schon ein wichtiger Schritt. Ich finde produktiv ist ein schwieriges Wort und Schuld ist ein hartes Wort.
A: Aber Rassismus ja auch und man muss es trotzdem sagen.
B: Ich glaube schon das Schuld in einer abgeschwächten Form wichtig ist. Also quasi einfach anzuerkennen, dass man Mitschuld hat.
C: Oder zumindest, dass man sich darüber bewusst wird.
B: Genau. Also nicht, dass man sich jetzt aktiv schuldig und schlecht fühlt.
C: Das bringt der Situation auch nicht viel.
B: Ja also, wenn man wirklich etwas schlimmes gemacht hat, dann sollte man sich wirklich schuldig fühlen. Aber wir beschäftigen uns ja auch mit dem Thema. Man ist ja nur ein indirekter Mittäter. Also man kann sich nicht aktiv schuldig fühlen für etwas was man nicht aktiv getan hat. Aber man tut es passiv durch die eigene Existenz.
D: Ja ich glaube der Gedanke sich schuldig zu fühlen, weil man hier ist führt nirgendwo hin. Ich glaube, dass es einfach oft auch projiziert wird auf einen. Also dass es eher von außen kommt als dass es aus dem eigenen Inneren entsteht. Also in meinem Alltag mache ich ja nicht aktiv etwas, um Anderen zu schaden. Also ich bin nicht aktiv rassistisch. Ich wurde in diese Strukturen einfach hineingeboren. Deswegen fühle ich mich auch nicht schuldig, weil ich kann ja nichts dafür. Ich versuche mich damit zu beschäftigen und aufmerksam zu sein. Aber ich spüre da nicht die gleiche Schuld wie die, wenn ich ein Fehler gemacht habe. Aber es ist definitiv gut es zu spüren, weil daran merke ich ob ich an etwas noch arbeiten sollte oder mich mehr informieren muss.
A: Audre Lorde macht eine sehr interessante Verbindung zwischen Schuld und Wut. Sie schreibt: „I cannot hide my anger to spare your guilt nor hurt feelings nor answering anger. To do so insults and trivializes all of our efforts. Guilt is not a response to anger, it is a response to ones own actions or lack of actions. If it leads to change than it can be useful since it becomes no longer guilt but the beginning of knowledge. Yet all to often guilt is just another name for impotence, for defensiveness, destructive of communication. It becomes a device to protect ignorance and the continuation of things the way they are, the ultimate protection for changelessness.” Was denkt ihr? Das sind ja viele verschiedene Punkte.
B: Das unterschreibt auf jeden Fall zu Teilen, was wir schon gesagt haben. „ […] if it needs to change it becomes no longer guilt but the beginning of knowledge.” Ist ja das was wir gesagt hatten. Also man fühlt sich inaktiv schuldig und man informiert sich.
C: Man macht sich darüber bewusst.
B: Genau und das ist das was du gesagt hattest. Also dass man sich dahinter versteckt und eher Ausreden erfindet und damit seine Ignoranz schützt oder so.
E: Ich mag den Paragrafen nicht, aber bin offen dafür, dass jemand meine Meinung ändert. Es ist alles negativ. Diese Wörter guilt, anger, hide, useless, impotence, destructive, ignorance. Es ist alles so wütend und ich glaube nicht, dass man Sachen mit Wut ändern kann. Ich denke, dass wenn man mit Anschuldigungen auf jemanden losgeht, derjenige die Tür einfach zumacht. Dann wird das Gespräch zum Kampf. Ich verstehe, woher diese Art kommt, mit der sie darüberschreibt, also die Wut, aber wenn man etwas verbessern will, dann kann man nicht mit Wut anfangen. Es ist wie beim Thema male privilege, da kann man auch nicht einfach hingehen und sagen so du musst jetzt als Mann alle Privilegien abgeben, die du hast. Aber wenn man das präsentiert als eine Möglichkeit etwas zu verbessern für alle Beteiligten, dann kann man sich erst erhoffen, dass die Leute mitarbeiten. Also vielleicht hat sie Recht, aber es liest sich als würde sie mit dem Messer auf einen losgehen, es ist einfach zu wütend.
C: Darf ich fragen, an wen der Text gerichtet war? Also wo hat sie den vorgetragen?
A: Hier steht: 'presentation at the national Women’s Studies Association Conference'. Also das Interessante ist, dass der Text 'The Uses of Anger' heißt und ich lese mal einen anderen Paragraphen vor, der auf das eingeht, was du gesagt hat. „ Once I did it in silence afraid of that anger. My fear of that anger taught me nothing. Your fear of that anger will teach you nothing also. Women responding to racism means women responding to anger.” Also, das heißt sie sagt, dass diese Wut, die du heraus gelesen hattest, auf jeden Fall da ist. Sie sagt diese Wut ist eigentlich überall. Und dann setzt sie diese Wut in Verbindung zu Schuld. Das sind diese Schritte, die ich gerne mit euch rekonstruieren würde. Wie kommt es zu der Wut und von der Wut zu der Schuld und von der Schuld zu der Lähmung und von der Lähmung in eine Aktion. Das was du gesagt hast ist eine sehr strategische Sicht. Ich stimme dir auch zu, also wenn ich merke, dass ich in einem Gespräch eine andere Position vertrete, mache ich mir auch sehr bewusst, dass ich ganz ruhig bleibe und nur meine Argumente sortiere, weil ich weiß das kommt besser an. Aber das heißt nicht, dass die Wut nicht da ist, sondern es ist nur eine Strategie zu sagen ich zeige sie nicht.
C: Aber es ist doch auch eine Strategie zu sagen, ich zeige sie. Denn du reagierst ja darauf auf eine bestimmte Weise.
A: Ja klar!
D: Ich glaube manchmal hilft es gar nicht ruhig zu bleiben, weil die andere Seite schon so star ist. Vielleicht hilft das auch, wenn man sich anschreit, weil das rüber bringt, dass es einem wirklich wichtig ist. Ich glaube das ist von Situation zu Situation anders.
C: Genau deswegen habe ich auch gefragt, wo sie diese Rede gehalten hat. Weil das spielt auch stark eine Rolle, wen sie damit angesprochen hat. Es kommt ja auch darauf an mit wem du redest.
E: Mh, stimmt.
D: Ich habe auch das Gefühl, dass dieser Diskurs in den USA schon nochmal ein anderer Diskurs ist als in Deutschland. Also die rassistischen Strukturen sind auch da, aber der Text kommt aus einer anderen Zeit und aus einem anderen Umfeld.
E: Ja, das merkt man auch. 1997 ist schon 20 Jahre her.
A: Er macht nur einen neuen Zusammenhang klar, den man vielleicht sonst nicht so denkt. Also wie Schuld und Wut zusammenhängen.
E: Aber redet sie über sich selbst in dem Text? Weil ich hatte das Gefühl, dass sie das an das Publikum richtet. Zum Beispiel sagt sie „[…] Guilt is not a response to anger, it is a response to ones own actions or lack of actions.”, aber da stimme ich nicht zu. Zum Beispiel diese institutionelle Schuld die ich trage, hat nicht so viel mit mir zu tun sondern mit der Geschichte und was ich repräsentiere.
A: Ja ich weiß was du meinst. Sie definiert Schuld als Gefühl, weil man etwas getan hat oder nichts getan hat. Aber in diesem Moment hast du eigentlich nichts von beiden gemacht, sondern du hast nur existiert. Trotzdem hast du dich aber schuldig gefühlt in dem Moment. Mir ist auch noch aufgefallen, dass sie schon auch sich selbst meint. Ihr nichts tun, war quasi ihr nicht darüber reden und deshalb fühlt sie sich schon schuldig. Diese Situation kann ich auf jeden Fall nachvollziehen. Also man muss nicht immer schreien, also Wut kann ja ein Katalysator sein.
E: Ja es ist auch eine Art von Mut. Sich zu trauen nein zu sagen, wütend zu sein und das zu äußern.
A: Sie stellt ja auch eine Frage, die wir uns auch stellen können. "How do you use your rage?"
B: Es gibt so Wut, bei der man das Gefühl hat, dass wenn man sie ausdrückt belastet man andere Leute, weil man kann auch aus egoistischen Gründen wütend sein. Aber es gibt auch Momente, zum Beispiel in Diskussionen, bei denen man wütend wird und dadurch eine richtige Energie hat und man will den anderen unbedingt überzeugen. Da ist man auch gar nicht zwingend wütend auf die andere Person, sondern vielleicht auf die Thematik.
E: Ich denke es ist fast immer so. Also es fängt nicht mit Schuld an, sondern es ist eine Konsequenz. Oft geht es auch auf die eigene Person zurück, also man fühlt sich schuldig und ist wütend auf jemand anderen und wenn man dann aber inne hält merkt man, dass man eigentlich wütend auf einen selbst ist. Das passiert sehr oft. Man projiziert das auf jemanden, aber eigentlich gilt die Wut eigentlich einem selbst.
B: Ich weiß nicht ob sie sich im Text vielleicht auf eine größere Wut bezieht. Also wenn ich mir vorstelle ich wäre eine schwarze Frau und versuche mich in die Situation hineinversetzen, dann hätte ich bestimmt andere Wut.
A: Ja, sie redet genau darüber. Es geht im Text auch darum, dass das PoC Frauen aus der Konversation über den Feminismus ausgeschlossen werden, weil weiße Frauen sie ausschließen, indem sie sagen, dass sie die Erfahrungen von PoC Frauen nicht nachempfinden oder besprechen können. Und deswegen ist der Feminismus auch so weiß wie er ist und in vielen Punkten überhaupt nicht intersektional. Ihre Wut richtet sich dagegen, dass im Feminismus untereinander Unverständnis herrscht. Das ist auch sehr gut übertragbar auch heute und die Themen, über die wir reden und manchmal uns schwer tun darüber zu reden.
B: Meint sie das Schuld der Grund ist warum die weißen Frauen zum Beispiel auf dieser Konferenz nicht darüber sprechen? Weil das kann ich nicht verstehen. Ich glaube es ist eher Angst. Ich habe mich viel mit dem Thema Intersektionalität beschäftigt und ich hatte Angst diese Themen anzusprechen, wenn ich im Gespräch mit Betroffenen bin. Ich hatte Angst besserwisserisch zu wirken oder davor, dass meine Meinung völlig abgekoppelt ist, von den Erfahrungswerten der anderen Person, die ich ja nicht gemacht habe. Es bringt nichts zu sagen, ich kann mich nicht in deine Position hineinversetzten, weil man kann ja trotzdem nachempfinden was die jeweilige Person durchmacht. Aber auch davor hatte ich Angst, das der Person zu sagen, weil ich Angst hatte der Person, das Gefühl zu geben, dass ich ein Gefühl für mich beanspruche, dass mir nicht zusteht. Aber als ich tatsächlich in Gesprächen war, habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass das gar nicht der Fall war und das es nur ein normales entspanntes Gespräch war und ein Austausch. Ich bin Leuten auch nicht auf den Schlips getreten, sondern es war normal. Also ich kann Lordes Meinung nachvollziehen, aber ich denke auch, dass das sehr harte Wörter sind und man es auch milder ausdrücken kann.
A: Wir können ja vielleicht zum zweiten Text übergehen, da das thematisch gut anschließt. Was ist denn die Kernaussage, die ihr dem Text "White Privilege - Unpacking the invisible Knapsack" entnommen konntet?
B: Für mich war das Wichtige, die Theorie, dass man es anerzogen bekommt sein Privileg nicht zu erkennen.
C: „As a white person I realize I have been taught about racism as something that puts others at a disadvantage but had been taught not to see on of its corollary aspects, white privilege, which puts me at an advantage.” Ich glaube es geht darum wie es einem vermittelt wird, dass man weiß ist. Was für ein Zugang haben wir überhaupt dazu, denn der spielt ja ganz ganz lange gar keine Rolle. Und in der Schule wird kaum darüber geredet, also in meiner Schule wurde nichts dazu gesagt. Es wurde nie überhaupt darüber nachgedacht, dass ich weiß bin.
A: Also quasi schwarz ist ein Attribut und weiß ist normal.
B: Ja. Der Text hat das super deutlich gemacht.
C: Ja genau, so wurde es einem vermittelt.
A: Genau das finde ich bringt der Text extrem gut auf den Punkt.
C: Eigentlich kann man das gar nicht vergleichen, aber bezogen auf diesen Gedanken, ist es doch auch genauso wie hetero zu sein und aber lesbisch oder schwul zu sein. Man wird ja immer erstmal auf hetero gepolt, also die Norm. Einem wird beigebracht, dass hetero normal ist.
B: Beim Thema lesbisch und schwul, kommt man auch auf das Thema Intersektionalität. Das du als lesbische Frau noch mehr Nachteile hast als ein schwuler Mann, oder dass ein schwarzer schwuler Mann unter noch mehr leiden muss. Da treffen sich verschiedene Diskriminierungsarten. Aber ich fand auch diese Stelle im Text sehr krass: „Whites are taught to think of their lives as more neutral, normative and average and also ideal. So when we work to benefit others, this is seen as work which will allow them to be more like us.”
C: Das habe ich auch 3 mal unterstrichen.
A: Da merkt man auch wie intersektional das ist, weil McIntosh die Rassismusthematik am Anfang auch mit male privilege vergleicht oder sogar einleitet. Sie sagt: „ [..] unwillingness to grant that they are overprivileged, even though they grant that others are disadvantaged” Das man aus der Perspektive eher sagt, die anderen sind benachteiligt, anstatt zu sagen, ich bin überprivilegiert. Also eigentlich das war du vorhin gesagt hattest. Kann eine Gleichstellung passieren ohne dass der eine Teil was abgibt?
B: Ich glaube nicht?
A: Oder kann man den anderen hochheben, bis man auf der gleichen Ebene steht?
B: Ich glaube darüber spricht man auch oft. Frauen wollen gleichberechtigt sein, aber man will kein Matriachart oder eine Kombination aus Matriachart und Patriachart. Die Gesellschaft ist ja auch viel vielfältiger als das, es gibt ja auch non-binary usw. So ist es nicht möglich alles auf die Ebene zu heben, von Männern in unserer Gesellschaft heute. Es sollte auch kein Ideal sein wie ein Mann zu sein. Mann ist jetzt gemeint als cis weißer hetero Mann als teil des Patriacharts. Obwohl Frauen, die besonders erfolgreich sind in großen Firmen, die sind vom Verhalten „männlicher“, also aggressiver oder bisschen forscher, männlicher gekleidet. Man hat nicht die Möglichkeiten weiblichere Verhaltensarten zu verwenden und gleichzeitig noch stark zu wirken.
[..]
A: Ich glaube es hat viel mit Sicherheit zu tun. Und wir sind nun mal darauf gepolt, dass jemand der sehr weich, emotional oder sensibel ist, was alles Sachen sind die mit dem Weiblichen in Verbindung gebracht werden, nicht stabil ist. Vor allem in Führungspositionen geht es darum, dass man extrem stabil ist und kompetent ist.
B: Vor allem sind ja gerade der Großteil der Führungspositionen durch Männer besetzt. Deswegen muss man sich auch mit dem Verhalten anpassen, um respektiert zu werden. Auch diese Wut auszudrücken, ist da auch sehr schwer, weil man als Frau dann als hysterisch bezeichnet wird.
C: Aber es fängt ja auch schon im Kinderladen an, dass den Jungs gesagt wird, du weinst wie ein Mädchen. Da sieht man in welche Rollen man reingedrückt wird, als Mann oder als Frau.
E: Ja du musst stärker und du muss hübscher sein.
C: Ich glaube es ist sehr wichtig da zurückzugehen und sich das bewusst zu machen.
A: Das Wort Privileg benutzt sie am Anfang des Textes und wir haben es jetzt auch oft benutzt. Aber wie entwickelt sich denn das Wort bis zu Ende des Textes hin? Also was sagt sie am Ende zu dem Wort Privileg?
C: „ For this reason the word privilege now seems to me misleading. We want to then distinguish between earned strength and unearned power conferred systematically. Power from unearned privilege can look like strength. When it is the fact the mission to escape or dominate but not all of the privileges on my list are all entable damaging.”
A: Eigentlich tut sie das Wort Privileg ab am Ende. Was verstehen wir unter Privileg?
E: Unearned power. Ein überraschungspacket, das du bekommst wenn du auf die Welt kommst.
B: Sie meint auch dass bestimmte Privilegien Standards sein sollten und keine Privilegien. Empfinde ich auch so, dennoch sind diese Standards, die auf dem Papier existieren, nicht in der Gesellschaft gegeben sondern sind immer noch Privilegien, die einer Gruppe an Menschen vorbehalten sind. Zum Beispiel Probleme wie racial profiling existieren sehr stark und dennoch findet man keine richtige Lösung um das zu ändern. Also zum Beispiel haben Polizisten in Sachsen irgendwo einen Zug angehalten und nur Leute mit Migrationshintergrund kontrolliert. Da könnte man eine Regelung einführen, dass alle kontrolliert werden müssen.
A: Man kann das von zwei Seiten sehen. Entweder man sagt es ist Privileg von denen die im Zug sitzen und nicht kontrolliert werden oder es ist Diskriminierung gegen die, die kontrolliert werden.
C: Aber in diesem Fall ist es doch definitiv Diskriminierung.
B: Naja es ist beides und in erster Linie sollten es keine Privilegien sein sondern Standards. Quasi auch das was die Frauenquote versucht. Aber die Frage ist halt ob das die tatsächliche Lösung ist, weil man dann wiederum eine spezielle Gruppe hervorhebt. Man müsste Wege finden diese Sachen zu regeln, vielleicht auch indem die kommenden Generationen so erzogen werden, dass sie von Grund auf mehr Bewusstsein dafür haben.
D: Ich glaube auch dass diese Regelungen eher wie ein Anstoß sind, dass die Themen erst ins Bewusstsein kommen. Am Ende muss es sich organisch entwickeln auch wenn man jetzt anfängt zu regulieren. Man kann nie ganz regulieren.
A: Was ich wichtig fand hier, ist die Aussage, dass egal wie viel wir regulieren, im Endeffekt kann es nicht besser werden, wenn die die privilegiert sind, am Ende nicht weniger habe. Also es ist wie mit Geld, wir können ja auch nicht sagen es gibt Leute die sind Millionäre und es gibt Menschen die haben gar kein Geld und deswegen müssen wir alle zu Millionären machen. Sondern eigentlich müssten die die viel haben etwas abgeben. Ich plädiere jetzt nicht für den Kommunismus, aber ich meine das als Metapher. Wie bringt man denn nach Audre Lorde, weißen Frauen bei dass da eine Diskrepanz ist oder auch weißen Männern.
B: Aber was gibt es da zu verlieren? Geld kann man leicht verlieren, aber wenn man sagt Privilegien sollte keine sein sondern Standards?
A: Sie sagt ja Privilegien sind ein Packet von „unearned power“, und das wirst du verlieren.
E: Also es ist ja wie, wenn zwei Menschen dasitzen und der eine hat 2 Süßigkeiten und der andere 4. Dann ist gerecht, wenn beide 3 haben.
D: Aber das funktioniert ja nicht immer.
E: Ja aber zum Beispiel wie mit der Polizei, die racial profiling macht. Wenn sie aufhören nur die Menschen mit Migrationshintergrund im Zug zu kontrollieren, dann verliert man als weiße Person das Privileg, nicht kontrolliert zu werden. Und das meint sie mit Privilegien verlieren.
A: Die Frage ist, wie erreicht man eine Bereitschaft bei der Opposition etwas abzugeben. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch der Macht hat, wird nie von selbst auf die Idee kommen einen Teil seiner Macht abzugeben. Der cis hetero weiße Mann mit Geld, steht ja für einen Menschen, der in keinerlei Hinsicht von Diskriminierung betroffen ist.
B: Für mich wäre es mehr ein Problem mit reichen Leuten, also das die nicht bereit sind von ihrem Geld abzugeben. Aber ich glaube es gibt schon einige Menschen in unserer Gesellschaft, die bereit sind Privilegien abzugeben.
E: Muss man das als Pivilegienverlust formulieren?
A: Das ist die Frage!
E: Wenn man die echte Tiefe der Thematik zeigt. Zum Beispiel wenn die die gegen Ausländer sind, sehen dass 80% der Ausländer Menschen sind, die kommen zu studieren oder zu arbeiten etc. Also man könnte einfach eine Art Liste machen, um zu zeigen was man gewinnen wird, statt was man verlieren wird. Das funktioniert auch gut mit Feminismus und der toxischen Männlichkeit. Viele Männer können damit nicht umgehen, weil sie selbst unter dem Männlichkeitsideal leiden.
D: Ich glaube auch, dass viele Menschen, die beschließen in irgendwelche Positionen zu gehen wo sie viel Macht haben und viel verdienen, das kommt auch aus dieser Motivation des Kapitalismus, dieses ich möchte mehr haben und mir aneignen und das ist mein Sinn. Und indem man ihnen etwas davon nimmt, nimmt man ihnen auch den Sinn.
A: McIntosh sagt ihr wurde beigebracht, dass Rassismus in einzelnen Situationen passiert. Denkt ihr das ist eine weitverbreitete Ansicht oder denkt ihr da hat sich viel verändert bis heute?
C: Ja ich glaube da hat sich schon was verändert. Aber es kommt trotzdem immer wieder vor, dass Sachen berichtet werden als ein einmaliges Ereignis. Aber das stimmt einfach nicht.
B: Also es ist voll schwierig zu rekonstruieren, was man so gelernt hat.
A: Aber jetzt gerade?
B: Naja, jetzt gerade bin ich auf einem Wissenstand, den ich mir selbst angeeignet haben. Es gibt das Internet und jeder kann sich über alles informieren. Natürlich ist die selektive Meinungsbildung aber gefährlich. Ich kann bei mir selbst nicht sagen wo ich die Anleitung bekommen habe.
A: Es geht nicht darum woher, es geht darum für was das Bewusstsein da ist. Also passiert Rassismus in Einzelfällen oder als System?
B: In der Kindheit?
A: Ih würde sagen jetzt und um uns herum. Also was beobachtet man, wie wird mit Rassismus umgegangen? Also in Medien, unter Freunden, in der Politik, wie wird da mit Rassismus umgegangen?
B: Naja meine Meinungsbildung ist sehr selektiv und jeder hat eine andere Anleitung und man hat das Internet. Im Prinzip kann die Erfahrung sehr unterschiedlich sein, je nachdem wie man sich bildet.
E: Es gibt viel institutionellen Rassismus, aber der wird nicht direkt angesprochen. Das was man auch mit Freunden beredet, erzählt man nur auf einzelne Situationen bezogen meistens. Die spezielle Situation hat trotzdem institutionelle Gründe, aber man redet nicht über das große Ganze meistens.
B: Ich meine man kann auch viel drüber sprechen aber wenn sich nichts ändert…. Also es wird oft in falschen Instanzen darüber geredet. Also ich habe schon das Gefühl, dass ich viel mitbekomme und viel darüber lese. Aber das ist selektive Meinungsbildung, wo ich mir die Quellen selbst raussuche die andere nicht sehen. Deswegen ist es schwierig zu sagen. In erster Linie wäre es wichtig das Gesetzte verabschiedet werden oder Richtlinien festgelegt werden, zum Beispiel das die Polizei darauf hin ausgebildet werden muss oder Jurastudierenden Ethik und Gender Kurse belegen müssen.
E: Ja also, dass sich die Bildungssysteme anpassen und die Erziehung, die ja an sich institutionell ist.
D: Ja es ist ja nur selektive Meinungsbildung möglich wegen dem Internet. Also das ist ja was Neues, dass man das was einen interessiert raussuchen kann. Das hatte man vor 20 Jahren nicht. Und damit beginnt das ja. Das Bewusstsein entwickelt sich erstmal individuell und dann breitet sich das aus.
E: Ja der Unterschied liegt schon darin wie man darüber spricht oder wie es tatsächlich ist.
A: Mich interessiert wie es für Euch ist? Also die Frage ist deswegen in den Raum geworfen worden, damit sie die Tür aufmacht für Menschen, die vielleicht erstmal sagen würden: Hä strukturelle oder institutionelle Diskriminierung, was ist das?“ Meiner Meinung nach wird Rassismus als etwas erzählt, das ab und zu passiert anstatt das die Strukturen aufgezeigt werden, die ihm zugrunde liegen.
E: Natürlich grundsätzlich ist es institutionell und strukturell. Es ist manchmal sehr schwer das zu sehen, wenn es um eine kleine persönliche Sache geht, weil da ist der Rassismus natürlich am stärksten spürbar. Institutioneller oder auch struktureller Rassismus, der ist überall, wir baden darin seit wir klein sind und deswegen sieht man ihn oft nicht.
B: Auf welcher Ebene es diskutiert wird ist auch noch wichtig. Für mich ist es voll das präsente Thema, worüber ich viel rede oder viel darüber sehe, weil ich auch amerikanische Quellen wie die Daily Show oder auch Channels über Popkultur etc anschaue. Ich finde es auch gut, dass es da besprochen wird. Ich meine in Amerika ist es ja ein Standard Thema, wobei in Deutschland ich schon finde, dass nicht genug darüber geredet wird. Es wäre wichtig meiner Meinung nach genau in solchen Kontexten darüber zu reden. Das Internet ist nicht unkontrollierbar, weil viele Leute immer noch ARD und ZDF schauen und daher ist es wichtig, dass man in Institutionen selbst darüber redet. Man kann das schon unterteilen. Für viele Leute ist das schon im Bewusstsein, dass es existiert, aber es macht keinen Sinn nur darüber zu sprechen, denn es ändert sich ja nichts, wenn man nicht sagt man geht protestieren oder es gibt Leute in der Politik die sich dafür einsetzten, dass sich was ändert.
C: Das hat ja auch viel mit Aufklärung zu tun. In wie fern wird aufgeklärt in den Medien, sodass es eine Bandbreite von Menschen erreicht.
B: An sich wäre natürlich das Internet die ideale Informationsquelle, weil es ist super variable.
E: Ja da findet man alles.
A: Aber es geht ja darum, dass der Mensch, den ihm echten Leben Rassismus nicht berührt oder der keine Kontaktpunkte damit hat, und der Diskriminierung im echten Leben aus dem Weg gehen kann, der kann dem erst recht im Internet aus dem Weg gehen.
B: Ja, aber theoretisch kann das Internet eine große Informationsquelle sein.
A: Aber glaubst du nicht, dass das Leben eine größere Informationsquelle sein kann.?
B: Ich glaube im heutigen Kontext ist das Internet für viele Leute eine sehr viel größere Informationsquelle als das echte Leben.
A: Ja aber um tatsächlich Veränderung zu erreichen?
D: Was meinst du mit echtem Leben?
A: Ich meine das Gegenteil von Internet. Alltag, Uni, Arbeit, Freunde, Wohnungssuche usw.
B: Aber Politik und alles das arbeitet ja mit Internet, also du kannst das gar nicht trennen.
A: Naja, doch du kannst deine Erfahrung trennen. Die Erfahrung, die du im Internet machst, ist ja anders als eine Erfahrung, die du in deinem Alltag machst.
B: Ich würde das nicht trennen. Der Bildschirm zwischen Beobachter und Internet löst sich langsam auf und zum Beispiel eine Unterhaltung, die man im Internet macht, ist für viele genauso intensiv wie eine Diskussion im realen Leben.
A: Du hast das Internet eher als Wissensort erklärt.
B: Ja das kann alles sein. Ich würde sagen das Internet spielt total mit institutionalen Rassismus. Überhaupt Technologie.
A: Audre Lorde sagt Schuld kommt aus der Wut heraus, dass man nichts getan hat, also sollte man was tun oder das richtige tun. Und Peggy McIntosh sagt genauso, dass solange man in den Strukturen weiterlebt ohne sie zu sehen sich nichts verändern kann. Eigentlich ist die letzte Frage, habt ihr das Gefühl, dass dadurch das wir darüber reden, sich ein Wille zur Handlung verstärk? Oder erleichtert das Reden schon?
C: Nein, ich finde es ist ein Weg irgendwie den Umgang damit zu finden etwas tun zu können. Das ist ein Prozess dahin, um diese Lähmung loszuwerden und zu sehen wie man richtig damit umgehen könnte. Wenn es denn ein Richtig gibt. Also es ist schon ein Weg zu etwas.
D: Ich merke auch je mehr ich mich damit befasse, so störe ich mich auch mehr an Dingen. Also möchte auch etwas verändern, was ich vorher vielleicht gar nicht bemerkten würde.
B: Ich finde es auf jeden Fall nicht erleichternd. Es ist intensiv und es gibt einem das Gefühl, dass es akut ist. In vielen Teilen meines Lebens kann ich das gut verdrängen das etwas akut ist. Wenn man darüber redet gibt es einem das Gefühl, dass es direkt vor einem ist und es ist unangenehmen, traurig und erschreckend. Ich bin eher angespannt als entspannt danach.
C: Ich bin auch eher angespannt. Man denkt sich auch: was kann ich bewirken? Was kann ich tun?
B: Man fühlt sich oft machtlos. Ich habe das Gefühl es gab viele Zeiten in denen es krassen Aktivismus gab und wir leben in einer Zeit in der nur wenige etwas tun.
Feminismus als "kontroverse" Position
Donnerstag, 06.06.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr
Macht einer Beschwerde
Donnerstag, 20.06.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr
Evaluation und Ausblick
Donnerstag, 27.06.2019, 16.00 bis 18.00 Uhr
„I am standing here as a Black lesbian poet, and the meaning of all that waits upon the fact that I am still alive, and might not have been."
- The transformation of silence into language and action, Audre lorde 1977, seite 40
„But most of all I think, we fear the visibility without which we cannot truly live.“
-The transformation of silence into language and action, Audre lorde 1977, seite 42
"The fact that we are here and that I speak these words is an attempt to break that silence and bridge some of those differences between us, for it is not difference which immobilizes us, but silence. And there are so many silences to be broken."
- The transformation of silence into language and action, Audre lorde 1977, Seite 44
"I was going to die, if not sooner then later, whether or not I had ever spoken myself. My silences had not protected me. Your silence will not protect you."
- The transformation of silence into language and action, Audre lorde 1977, Seite 41
LINK:The Transformation of Silence into Language and Action, Audre Lorde, 1977
LINK: Demarginalizing the Intersection of Race and Sex, Kimberle Crenshaw, 1989
LINK: The Uses of Anger, Audre Lorde, 1987 + White Privilege: Unpacking the invisible Knapsack, Peggy McIntosh, 1988
"After I realized the extent to which men work from a base of unacknowledged privilege, I understood that much of their oppressiveness was unconscious."
- White privilege - Unpacking the invisible Knapsack, Peggy McIntosh 1987, Seite 1
LINK: How studying privilege systems can strengthen compassion, TED Talk Peggy Mcintosh, 2012
"Racism. The belief in the inherent superiority of one race over all othersand thereby the right to dominance, manifest and implied."
- The uses of Anger, Audre Lorde 1981, Seite 1
"I have no creative use for guilt, yours or my own."
- The uses of anger, Audre Lorde 1981, Seite 283
"R A C I S M. My response to racism is anger. I have livedwith that anger, on that anger, beneath that anger, on top of that anger,ignoring that anger, feeding upon that anger, learning to use thatanger before it laid my visions to waste, for most of life."
- The uses of anger, Audre Lorde 1981, Seite 1
"My schooling followed the pattern my colleague Elizabeth Minnich has pointed out: whites are taught to think of their lives as morally neutral, normative, and average, and also ideal, so that when we work to benefit others, this is seen as work which will allow 'them' to be more like 'us'."
- White Privilege: Unpacking the invisible Knapsack, Peggy McIntosh 1987, Seite 1
"For this reason, the word 'privilege' now seems to me misleading.We want, then, to distinguish between earned strength and unearned power conferredsystematically."
- White Privilege: Unpacking the invisible Knapsack, Peggy McIntosh 1987, Seite 3
LINK: Racial Profiling, Artikel ZEIT Online, 2018
LINK: Apple's Face ID fails to distinguish between Chinese users, Mirror, Sophie Curtis, 2017